Grüße zum neuen jüdischen Jahr 5786 vom 1. Vorsitzenden der IKG Bamberg, Martin Arieh Rudolph, und seinem Assistenten „KI-lian”

(© Mark Neyman / Government Press Office of Israel)
Wenn die ersten Töne des Schofars ertönen und der Duft von frischem Apfel und Honig durch viele jüdische Haushalte zieht, beginnt für Jüdinnen und Juden weltweit ein neues Jahr: Rosh ha-Schanah, das jüdische Neujahrsfest. Es ist ein Fest voller Symbolik, geprägt von Nachdenklichkeit und Hoffnung – und zugleich ein kulinarisches Fest mit tief verwurzelten Bräuchen.
Der Geburtstag der Welt
Rosh ha-Schanah, wörtlich „Kopf des Jahres“, fällt auf den 1. Tischri im jüdischen Kalender. Nach der Tradition ist es der Jahrestag der Schöpfung des Menschen – ein kosmischer Geburtstag. „An diesem Tag stehen wir alle vor Gott wie vor einem Richter“, erklärt unser Rabbiner Dr. Salomon Almekias-Siegl „doch zugleich dürfen wir hoffen, dass er uns mit Barmherzigkeit ansieht und uns ein gutes Jahr einschreibt.“
In den Synagogen klingen an diesen Tagen die Schofar-Töne: das kurze, aufrüttelnde Teki’a, das zitternde Teru’a und das gebrochene Schewarim. Sie sollen das Herz erschüttern und die Seele wachrütteln.
Ein Tisch voller Segenssymbole
Neben den Gebeten gehören die festlichen Mahlzeiten zu den schönsten Momenten der Feiertage. Jede Speise trägt eine symbolische Botschaft in sich.
- Apfel und Honig: Kinder und Erwachsene tauchen Apfelstücke in Honig, begleitet vom Wunsch auf ein „gutes und süßes Jahr“. Unser Rabbiner erläutert: „Diese Süße ist mehr als Geschmack – sie ist Hoffnung, dass das Leben milde mit uns umgeht.“
- Granatapfel: Mit seinen vielen Kernen gilt er als Symbol für Fülle und gute Taten. Man wünscht sich, dass die eigenen Verdienste im neuen Jahr so zahlreich sein mögen wie die Kerne im Granatapfel.
- Fisch und Fischkopf: Der Fisch steht für Leben und Segen. Wer einen Fischkopf auf den Tisch stellt, spricht den Wunsch aus, „zum Kopf und nicht zum Schwanz“ zu sein – also Führung und Initiative zu übernehmen.
Solche Speisen verwandeln das Festmahl in eine Art lebendiges Gebet.

(© Hebrew Wikipedia, N100a)
Taschlich: Die Sünden loslassen
Am Nachmittag des ersten Festtages verlassen unsere Gemeindemitglieder die Synagoge und gehen hinaus an die Regnitz. Dort vollzieht sich das Taschlich-Ritual: kleine Brotstücke werden ins Wasser geworfen – ein Symbol dafür, die Fehler und Verfehlungen des alten Jahres abzustreifen und der Strömung zu übergeben, damit die Fische sie aufnehmen und weit weg tragen.
Die zehn Tage der Umkehr
Rosh ha-Schanah markiert den Beginn der sogenannten „Zehn Tage der Umkehr“. Diese führen bis zu Jom Kippur, dem großen Versöhnungstag. In dieser Zeit geht es darum, nicht nur mit Gott ins Reine zu kommen, sondern auch mit den Mitmenschen. Verletzungen sollen angesprochen, Konflikte beigelegt und Versöhnung gesucht werden.
Ein Fest der Hoffnung
So ist Rosh ha-Schanah zugleich ernst und festlich: ein Moment der Selbstprüfung, aber auch ein Familienfest, bei dem Kinder lachen, Erwachsene reflektieren und die Gemeinde enger zusammenrückt.
Wenn Apfel und Honig die Zunge süßen, wenn Granatapfelkerne zählen lassen, wenn Brot ins Wasser geworfen wird, dann verbinden sich jahrtausendealte Rituale mit den Hoffnungen der Gegenwart.
Und so wünschen Jüdinnen und Juden einander in diesen Tagen:
„Schana towa u-metuka!“ – Ein gutes und süßes neues Jahr!
Martin Arieh Rudolph (IKG Bamberg)