Was macht die jüdische Küche so besonders?
Die jüdische Küche enthält vielleicht die meisten Vorschriften hinsichtlich der Zubereitung und des Servierens von Speisen. Genau hierin liegt seine Spezialität. Die Ursprünge der für Juden zulässigen oder koscheren Lebensmittel gehen auf das alte Israel zurück und ihre Besonderheiten wurzeln in zahlreichen religiösen Vorschriften der Torah. Die meisten dieser Vorschriften sind im 5. Buch Moses enthalten und werden auch heute noch von religiösen jüdischen Familien befolgt. Die wichtigsten Gesetze zum jüdischen Essen lassen sich im Wesentlichen in drei Gruppen unterteilen
1. Es darf nur koscheres Fleisch verzehrt werden!
„Du sollst nichts Abscheuliches essen. Dies sind die Tiere, die du essen darfst: Ochse, Schaf, Ziege, Hirsch, Gazelle, Damhirsch, Wildziege, Antilope, Rehbock und Gemse“ [5. B.M. 14:3-5].
Dieses Gesetz unterteilt das Fleisch verschiedener Tiere in reines (koscheres) und unreines, verbotenes (treifenes) Fleisch. Das Fleisch von getöteten oder zerrissenen Tieren ist unrein, ebenso das Fleisch von Schweinen, Kaninchen/Hasen, Kamelen und Pferden. Schweinefleisch ist so unrein, dass man es wirklich nicht einmal anfassen sollte! Als koscher gelten hingegen Rind-, Geflügel- (außer Strauß-), Lamm- und Ziegenfleisch sowie Fisch mit Flossen und Schuppen. (Aus diesem Grund sind beispielsweise Wels und der Aal sowie der Stör und seine Produkte (Kaviar) nicht koscher.
2. Das Fleisch muss ausgeblutet sein!
„Nur sein Blut darfst du nicht essen; du musst es wie Wasser auf die Erde gießen.“ [5. B. M. 12:16]
Gemäß dem Blutverbot darf nur ausgeblutetes Fleisch gegessen werden. Das religiöse Gesetz schreibt vor, dass Fleisch eine halbe Stunde in Wasser eingeweicht, eine Stunde lang gesalzen und anschließend dreimal abgespült werden muss, um etwaige Blutgerinnsel zu entfernen. Die Leber wird vor dem Kochen durch Rösten über offenem Feuer entblutet und die Herzspitze muss vor dem Kochen abgeschnitten werden. Beim Schlachten eines Tieres ist es wichtig, dass das Tier nur von einem ausgebildeten Fachmann (Schochet) geschlachtet wird – mit einem einzigen Schnitt, um das Leiden des Tieres zu minimier
3. Trennen Sie Milchprodukte und Fleisch.
„Du sollst ein Zicklein nicht in der Milch seiner Mutter kochen.“
[5. B. M. 14:21]
Dieses kurze Bibelzitat ist die Grundlage dafür, dass in der jüdischen Küche nicht nur Milchprodukte und Fleisch/fetthaltige Speisen getrennt werden, sondern auch die zu ihrer Zubereitung verwendeten Utensilien und sogar die beim Essen verwendeten Werkzeuge. Z.B. Geschirrtuch, Tischdecke, Salzstreuer, Brotkorb etc. Auch diese Utensilien und Werkzeuge werden bei der Aufbewahrung an unterschiedlichen Stellen in der Küche platziert und in separaten Becken in der Spüle gereinigt.
Es gibt jedoch auch Nahrungsmittel, die weder in die Fleisch- noch in die Milchproduktkategorie fallen, sogenannte Parve (Neutral), und diese können mit beiden Nahrungsmittelgruppen kombiniert werden. Beispiele für Geflügel sind koscherer Fisch, Eier und alles, was aus dem Boden kommt (z. B. Gemüse, Samen, Obst, Zucker, Salz, Kaffee usw.).
Neben den Hauptgesetzen beeinflussten auch andere Regeln die Entstehung typisch jüdischer Gerichte, insbesondere im Hinblick auf Feiertage und Festtagsgerichte. Ein Beispiel hierfür ist gesalzener Fisch, der am Schabbat ein beliebtes Essen ist. Da am Samstag aufgrund des Arbeitsverbots nicht gekocht werden darf, werden die Rohstoffe für die Lake (Bohnen und geräuchertes Fleisch) bereits am Freitag zubereitet und im Ofen oder zwischen heißen Ziegeln für etwa 12 Stunden gereift. Zum Festessen gehören kalte Eier mit Zwiebeln und Leber sowie Apfelknödel und natürlich der gemütliche Kerzenschein und die Zeremonie, die das Fest noch verschönern. Am Vorabend des Samstags – also am Freitagabend – ist es angebracht, gefilten Fisch und Kuchen zu essen.
So wie der Schabbat seine traditionellen Festtagsgerichte hat, haben auch andere Feiertage ihre eigenen Köstlichkeiten. Beispiele hierfür sind die Äpfelschnitze, die in Honig getaucht werden, um für ein süßes neues Jahr zu sorgen. Dazu gehören Gänse-/Entenbraten, die beim Laubhüttenfest und beim Torafest serviert werden. Die berühmten ungesäuerten Matzeknödel – die auch als Suppenfüllung verwendet werden – sind eines der Gerichte des Pessachfestes (in diesem Fall symbolisieren sie den Auszug aus Ägypten). Die Inspiration für seine Zubereitung kam vom damaligen Verbot des Verzehrs gesäuerter Speisen. Zu den typischen Ostergerichten zählen Borschtsch, gekochtes Rindfleisch und köstliche Kuchen mit Wein- und Nussgeschmack. Walnuss- oder Kastanienkuchen sind jedoch auch während Chanukka üblich, wenn wir auf dem jüdischen Tisch auch in Öl frittierte Donuts und Pfannkuchen finden. An Trauer- und Fastentagen sind Milchspeisen üblich.
Ein gläubiger Jude trinkt keine alkoholischen Getränke, da ihm nach alter Überlieferung der Genuss oder gar die Verwendung von Wein, der zu heidnischen Opferzwecken verwendet wurde, verboten ist. Dieses Gesetz wurde später auf alle von Heiden hergestellten Weinsorten ausgedehnt, mit der Begründung, dass der Wein aus einem ausländischen, für kultische Zwecke geweihten Weinberg stammen könne. (Dasselbe gilt für Traubensaft und Weinessig!) Trotzdem trinken Juden Wein, allerdings nur Wein aus eigenem Most – und sogar aus selbst angebauten Trauben – unter ständiger rabbinischer Aufsicht.
Natürlich geht auch die jüdische Küche mit der Zeit. Heute werden die meisten Gerichte mit Öl statt Gänsefett zubereitet (eine Ausnahme bilden die bereits erwähnten Matzeknödel), und auch künstliche Süßstoffe können anstelle von Zucker verwendet werden. Es gibt einige Gerichte, wie beispielsweise Fischgerichte, die nicht mit Fett zubereitet werden sollten. Auch chemisch hergestellte Lebensmittel (z. B. künstliche Farb- und Aromastoffe) haben in die jüdische Küche Einzug gehalten. Diese werden als parve (also neutrale) Lebensmittel eingestuft und können daher sowohl zur Zubereitung von Fleisch- als auch von Milchgerichten verwendet werden. Dennoch sollten hier immer auf die Koscherzertifikate geachtet werden. Bei Lebensmittelzusätzen (E-Nummern) muß dennoch immer auf die Herkunft geachtet werden. Cochenillerot bspw. wird aus roten Schildläusen hergestellt, daher ist Campari, das damit gefärbt wird, nicht koscher! Cochenillerot A dagegen ist künstlich hergestellt und damit parve.
Und zu guter Letzt noch ein paar Zeilen zum Essen selbst und seinen Regeln. Wie bereits erwähnt, wird für Milch- und Fleischgerichte unterschiedliches Geschirr benötigt, das sich vorzugsweise auch farblich unterscheidet (meistens ein blauer Rand für milchig und ein roter Rand für fleischig). Dies ist wichtig, denn wenn Küchenutensilien ausgetauscht werden, können sie, wenn überhaupt, nur mit Hilfe eines Rabbiners wieder koscher gemacht werden. (Zum Beispiel können Porzellan-, Pyrex- (Glaskeramik) und Steingutgeschirr nicht gekaschert werden, Glas hingegen schon).
Die jüdische Küche ist nach strengen alten Gesetzen organisiert, was jedoch keineswegs bedeutet, dass sie nicht vielfältig und köstlich ist. Daher lohnt es sich manchmal, es auch für diejenigen auszuprobieren, die nicht vorhaben, auf ihre Lieblingsküche und -gerichte zu verzichten.
Martin Arieh Rudolph (unter Nutzung der Webseite https://mazsihisz.hu/ mit Anpassungen)
Mitglieder und Freunde der IKG Bamberg werden auf dieser Seite die Rezepte für ihre Lieblingsgerichte teilen.