Parascha Tezawe

Bildquelle: Breastplate of the Jewish Kohen ha-Gadol: Wikimedia

Von Rabbiner Dr. S. Almekias-Siegl

Die Urim und Tumim

2. BM 27:20-30:10

Du sollst in den Brustschild (Choschen) des Rechtes die Urim und die Tumim tun, und sie sollen auf dem Herzen Ahrons sein, wenn er zu G-tt eintritt und es trage Ahron das Recht der Bne Jisrael auf seinem Herzen vor G-tt beständig

Schmot 28,30

Auf dem Brustschild des Hohepriesters befanden sich zwölf Edelsteine mit den eingravierten Namen der zwölf Stämme, und in ihm die Urim und Tumim. Von ihnen schreibt Rabbiner S.R. Ilirsch, dass sie “ein unnahbares Geheimnis seien”.

Ein moderner Kommentar identifiziert die zwölf Edelsteine der Reihe nach als (Schmot 28,17-20):

Rubin, Topas, Malachit, Türkis, Saphir Diamant, Zirkon, Achat, Amethyst, Aquamarin, Onyx und Jaspis

Amos Chacham, Sefer Schmot, Mossad Haraw Kool

Die Gaonim Raw Scherira und Raw Hai, sowie der Rambam scheinen die Urim und Tumim mit diesen zwölf Edelsteinen gleichzusetzen (Hilchot Kle Hamischkan 9, 6). Raschi deutet die Urim und Tumim aber als den niedergeschriebenen göttlichen Namen, der in das Brustschild wie in einen Behälter hineingesteckt wurde. Der Sohar bemerkt, dass es zwei Namen waren: Urim entsprach dem 42-buchstabigen Namen G-ttes und Tumim dem mit 72 Buchstaben. Beide spielen in der Kabbala eine grosse Rolle.

Der Talmud erläutert die Rolle des Brustschilds und der Urim und Tumim. Hatten der König, der Priester, der mit der Armee ins Feld zog oder das Sanhedrin eine Frage an G-tt, so verhalf der Choschen zu einer Antwort:

Weshalb heisst es Urim = Licht) und Tumim (= Wahrheit)? Licht, weil es Seine Worte beleuchtet, Wahrheit, weil Seine Worte sich bewahrheiten.

Rabbi Jochanan sagte, die Buchstaben traten hervor (die Antwort wurde durch das Hervortreten einzelner Buchstaben, die ganze Worte bildeten, erteilt). Resch Lakisch sagte, sie reihten sich aneinander. Es fehlte aber das “Zaddik” (dieses kam in den zwölf Namen nicht vor)? Rabbi Schmuel ben Jizchak antwortete:

Das Schild enthielt auch die Namen Awraham, Jizchak und Jakow. Es fehlte jedoch noch das “Tet”. Rabbi ben Jakow erwiderte:

Es enthielt auch die Worte ‘Schiwte Jeschurun’ = die Stämme Jeschuruns

Joma 73b

Diese Art der Befragung funktionierte nur zur Zeit des Ersten Tempels. Im Zweiten Tempel gab es zwar das Brustschild mit den zwölf Edelsteinen, die Hohepriester jedoch verfügten nicht über Ruach Hakodesch, die göttliche Eingebung, welche die Steine aufleuchten liess und eine Antwort ermöglichte. Die geistigen und moralischen Voraussetzungen für einen “direkten Draht nach oben” waren nicht mehr gegeben.

Benno Jacobs Kommentar lässt uns die Bedeutung des Choschen besser verstehen und enthält einen neuen Deutungsversuch für die Urim und Tumim:

Der Ausdruck auf dem Herzen tragen … etwas lieben, für wert und teuer achten, es festhalten und sich nicht davon trennen mögen, beständig daran denken, sich davon bewegen lassen, es beherzigen. So soll Ahrons Herz von dem Gedanken an die Bne Jisrael, deren Namen er auf seinem Herz trägt, bewegt sein, wenn er zum Heiligtum eintritt. Wenn er die Lampen auf dem goldenen Leuchter entzündet, den Räucheraltar bedient und an ihm sowie vor dem Vorhang mit dem Blut Sühne vollzieht. Es ist das ganze Volk, für das er mit dem Choschen amtet, denn die Steine tragen die Namen der zwölf Stämme. Dies drückt sich auch in der Anordnung aus, dass sie in vier Reihen zu je drei geordnet sein sollen. Für drei mal vier gibt es nur ein Vorbild: So lagerten die Stämme um das Heiligtum. So muss man sich auch die zwölf Edelsteine auf dem Choschen geordnet denken. Turim braucht keineswegs Reihen untereinander zu bedeuten, wie man es stets abgebildet findet. Sie bildeten die vier Seiten eines in der Mitte offenen Quadrates. Der Choschen ist ein Abbild des israelitischen Lagers um das Heiligtum mit der Edut.

Wie Raschi versteht Benno Jacob unter den Urim und Tumim konkrete Gegenstände, die nicht mit den zwölf Edelsteinen identisch sind. Er versucht eine andere Deutung und verweist auf eine Stelle im Sefer Bamidbar (33,1), aus der hervorgeht, dass Ahron mitzureden hatte, wann aufgebrochen werden sollte:

Dies sind die Züge der Bne Jisrael, auf denen sie aus Ägypten nach ihren Scharen ausgezogen sind auf Weisung von Mosche und Ahron…

Benno Jacob sieht in den Urim und Tumim etwas Geschriebenes, das Ahron eine “innere Erleuchtung” gab und ihn die Zeit zum Aufbruch wissen liess:

Sind sie die Weisung und das Gebot (Hatora Wehamizwot), die G-tt dem Mosche gleichzeitig mit den Tafeln des Bundes übergab, oder die Schrift des Bundes, die Mosche niederschrieb?

Schmot 24,7

Als Begleitung der G-ttesschrift auf den Tafeln werden zweimal von Mosche besondere Texte niedergeschrieben (Schmot 24,4 und 34,27). Sie sind in die Tora aufgenommen wie das Zehnwort, aber es wird sonst nirgends gesagt, wo sie selbst, die Originale, geblieben sind, und einen angemesseneren Platz als im Choschen des Hohepriesters wie die Edut in der Lade konnten sie nicht erhalten. Dadurch wird er (Ahron) vollkommen das Gegenstück zu ihr (der Lade).

Wie sagten unsere Weisen?

Siebzig Aspekte (Deutungsmöglichkeiten) hat die Tora…

Schabbat Schalom!

https://www.talmud.de/tlmd/die-torah-eine-deutsche-uebersetzung/die-torah-Tetzawe/