Parascha Zaw

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Von Rabbiner Dr. S. Almekias-Siegl

Die vollkommene Erfüllung einer Mizwa

BM Wajikra 6:1-8:36

Gebiete dem Aharon und seinen Söhnen wie folgt. Dies ist das Gesetz des Ganzopfers, es ist dasjenige, das hinaufkommt auf die Brandstätte auf dem Altar für die ganze Nacht bis zum Morgen, und das Feuer des Altars soll im Brand gehalten werden

Wajikra 6, 2

Die Verwendung des Wortes “Zaw” (Gebiete) deutet Raschi als Ansporn, es gilt die Mizwa ohne Verzögerung und voller Eifer durchzuführen (“Srisut”). “Srisut” ist nur eine von vielen Bedingungen, welche zur vollkommenen Ausführung einer Mizwa erforderlich sind. Rabbi Elasar Asikri führt in seinem Werk “Sefer Charedim” 17 solcher Kriterien an. Dieses Thema behandelt auch Rabbi Awraham Danzig in seinem halachischen Standardwerk “Chaje Adam” (Hilchot Tefila Ubrachot, Kap. 68). Zwei dieser Bedingungen wollen wir näher betrachten.

Bereits die Mischna erwähnt die Eigenschaft von “Srisut” (Eifer und Eile) und sieht darin das Fundament, auf welchem der Mensch zu immer höheren geistigen Stufen gelangt:

Rabbi Pinchas ben Jair sagte: ‘Srisut’ führt zu Sauberkeit, diese zur Reinheit des Herzens, diese zur Zurückhaltung (‘Prischut’), diese zur Heiligkeit, diese zur Bescheidenheit, diese zu Furcht vor Sünde, diese zur Frömmigkeit (‘Chassidut’), diese zur g-ttlichen Erleuchtung (‘Ruach Hakodesch’) …

Sota 9, 15

In der Tat beschritten unsere Väter in Ägypten diesen Weg. Für die Durchführung des Korban Pessach in der Nacht des fünfzehnten Nissan fordert die Tora:

Und so sollt ihr es essen, eure Hüften gegürtet, eure Schuhe an den Füssen, und euren Stab in der Hand; ihr sollt es in Eile essen, es ist ein Pessachopfer für G-tt

Schmot 12, 11

Bis heute hat sich das Element von “Srisut” an Pessach erhalten. Beim Backen der Mazzot ist Eile angesagt. Keinen Moment lässt man während des Knetens und Auswälzens den Teig aus den Augen, um jeglichen Gärungsprozess zu vermeiden. Der Auszug aus Ägypten begann mit “Srisut” und endete mit der g-ttlichen Offenbarung am Sinai, wo für einen kurzen Moment das ganze Volk mit Ruach Hakodesch ausgestattet war und das Wort G-ttes unmittelbar hörte und vernahm.

Rabbi Mosche Chajim Luzzato widmet in seinem Klassiker “Mesillat Jescharim” (Pfad der Aufrechten), einem ethischen Werk, der Eigenschaft von “Srisut” vier lange Kapitel. Er zitiert verschiedene Maximen unserer Weisen, wie z.B.

Die Beflissenen begeben sich frühzeitig zu einer Mizwa

Pessachim 4a

Eine Anspielung auf unseren Urvater Avraham, der sich frühmorgens auf den Weg machte, um mit seinem Sohn Jizchak der Aufforderung G-ttes zur Akeda nachzukommen (Ber. 22, 3).

Am Schabbat sind wir zu einer gemächlichen Gangart aufgefordert, um selbst durch unser Gehen der besonderen Atmosphäre des Ruhetages gerecht zu werden. Nicht jedoch so, wenn es sich um die Durchführung einer Mizwa handelt:

Immer laufe der Mensch zu einem halachischen Vortrag. sogar am Schabbat

Brachot 6b

Ein weiteres wichtiges Prinzip ist es, die Durchführung einer Mizwa nicht auf die lange Bank zu schieben, ganz im Sinne der Volksweisheit: Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. Unsere Weisen leiten dies von einem Satz im Wochenabschnitt Bo ab, wo es heisst (Schmot 12. 17):

“Uschmartem et Hamazot” – hütet die Mazzot, lasst sie nicht liegen, bis sie säuern und verderben.

Hier ist auch die Lesart möglich “Uschmartem et Hamizwot”, hütet die Mizwot und lasst sie nicht “sauer” werden. Wer weiss, ob morgen noch die Möglichkeit besteht sie zu realisieren!

Was für jeden einzelnen von uns gilt, gilt für uns alle als Nation. Durch die Existenz eines jüdischen Staates ist uns nach knapp 2000 Jahren wieder die Gelegenheit geboten, Mizwot zu erfüllen, die auf einen Schlag Klal Jisrael zugute kommen. Der wirtschaftliche Aufbau und die Aufforstung von Erez Jisrael und Medinat Jisrael, ein Erziehungswesen im Sinne des authentischen Judentums, der Aufbau eines voll funktionierenden Gesundheitswesens, viele Mizwot fordern uns jeden Tag zum Handeln auf.

Kommen wir diesen Gelegenheiten mit “Srisut” nach oder murmeln wir ein “oh, nicht schon wieder, nicht heute, beim nächsten Mal”? Wenn wir uns um unsere Verpflichtungen, unsere Mizwot kümmern (“Uschmartem”), dann können wir zu Recht auch auf die Erfüllung des g-ttlichen Versprechens hoffen:

Diese Nacht bleibt G-tt sorgfältige Obhut (‘Schimurim’) gegenüber allen Söhnen Israels für Generationen

Schmot 12, 42

Schabbat Schalom!

https://www.talmud.de/tlmd/die-torah-eine-deutsche-uebersetzung/die-torah-Tzaw/