Parascha Balak

Massada, Israel, Wikimedia

Von Rabbiner Dr. S. Almekias-Siegl

Allein im Bund mit G’tt

BM Bamidbar 22:2 – 25:9

Da ist ein Volk, gesondert wird es wohnen, und unter die Völker sich nicht rechnen.

Bam. 23, 9

Diese Worte spricht der nichtjüdische Prophet Bilam, den Balak, der König von Moaw, holen lässt, um Am Jisrael zu verfluchen. Doch Worte des Segens legt G-tt ihm in den Mund:

Es wird in einem räumlich umgrenzten Land, ohne vielen Verkehr mit anderen Völkern, seiner inneren, nationalen Aufgabe als ‘Am’, als soziale Volksgesellschaft leben, und wird seine Grösse nicht als ‘Goj’ unter den ‘Gojim’, nicht als durch Macht imponierender Volkskörper unter den Völkerindividuen suchen.

S.R. Hirsch

Was uns Juden oft zum Vorwurf gemacht wird, unsere Andersartigkeit, unsere “Absonderung”, was ein Bilam als Fluch formulieren wollte, die Tora sieht es als Segen für uns an. Raschi verweist auf eine Stelle im Propheten Jirmijahu, der die Ausnahmestellung des jüdischen Volkes im Verlauf der Weltgeschichte klar ausspricht:

Denn Ich bin mit dir, ist der Spruch des Ewigen, dich zu erlösen; wenn Ich Vernichtung übe an allen Völkern, wohin Ich dich zerstreut, übe Ich doch an dir keine Vernichtung.

Dew 30, 11

“Jischkon” Es wird wohnen, dieses Wort ist identisch mit Mischkan, dem Heiligtum G-ttes während der Wüstenwanderung. Die Aufgabe des jüdischen Volkes besteht darin, ein Heiligtum zu errichten, selbst ein Heiligtum darzustellen, damit G-tt in seiner Mitte wohne (Schmot 25, 8)

Dies ist nicht eine selbst gewählte Aufgabe des jüdischen Volkes, kein elitäres Streben unsererseits nach Abgrenzung, es ist eine uns von G-tt auferlegte Verpflichtung:

G-tt führt es abgesondert, und mit ihm ist kein fremder G-tt

Dew. 32, 12

Und Jisrael wohnt sicher, abgesondert

Dew. 33, 28

Wenn das jüdische Volk in der Gola seine eigenen Gemeinden bilden kann, ist sein geistiges Überleben gesichert. Wenn ihm dies als Staat in seinem Land von G-tt gewährt wird, so ist auch das physische Überleben gesichert, die Möglichkeit zu Selbstverteidigung gegeben.

Der Baal Haturim macht auf eine interessante Gimatrija aufmerksam: “Lewadad Jischkon” – gesondert wird es wohnen – entspricht dem Zahlenwert von “Bime Maschiach” – in messianischen Zeiten. Den jüdischen Quellen gemäss wird vor der Erlösung eine Periode der grössten Finsternis, Verfolgung und Isolation sich über das jüdische Volk senken.

Wie nie zuvor ist dem jüdischen Volk in diesem Jahrhundert seine Einsamkeit und Verlassenheit bewusst geworden. Mit wenigen Ausnahmen sah die zivilisierte Welt der Vernichtung des europäischen Judentums schweigend und tatenlos zu. Auch nach der wundervollen Errichtung des jüdischen Staates steht dieser von vielen Seiten angefeindet allein, in sicherem Bündnis nur mit dem jüdischen Volk und mit G-tt. Unsere Aufgabe ist es, all die ethischen und moralischen Werte der Tora, welche wir der Welt mitgeteilt haben, unverzagt bis ans Ende der Tage weiterzutragen und für sie einzustehen.

Gerade in unserer Andersartigkeit und manchmal Isolation liegt auch unsere Stärke und Überlebenskraft. Wenn das jüdische Volk sich nicht assimiliert, es “Lewadad” bleibt, dann ist sein Überleben, “Jischkon”, gesichert. Sucht es dagegen die Assimilation, “Uwagojim”, dann zollt ihm die nichtjüdische Umwelt oft keinen Respekt mehr, “Lo Jitchaschaw” (Ha’amek Dawar). Eine schmerzliche Erfahrung, die z.B. das mitteleuropäische Judentum im letzten und der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts machen musste.

Eine originelle Deutung gibt ein Enkel des Baal Schem Tow, des Begründers des Chassidismus, dem Ausdruck “Lo Jitchaschaw”, welcher sich vom Wort “Choschew”, Denken, ableitet.

Dass wir Juden unser Handeln nicht davon abhängig machen, was die nichtjüdische Welt über uns denkt, dass wir unseren Aufgaben und Idealen unbeirrbar treu bleiben, darauf beruht die Überlebenskraft von Am Jisrael (Rabbi Mosche Chajim Efrajim von Sudylkow).

Schabbat Schalom!

https://www.talmud.de/tlmd/die-torah-eine-deutsche-uebersetzung/die-torah-Balak/