Bamberg, den 24.09.2023 vor Jom Kippur
Heute haben wir sozusagen Halbzeit. Rosch ha-Schanah, der Kopf des Jahres und der Geburtstag der Menschheit, war vor 10 Tagen, dort tauschten wir das Salz, mit dem wir das Brot üblicherweise essen, gegen Honig in der Hoffnung, dass das kommende Jahr ein süßeres sein möge als das alte Jahr. Etwas, was auch viele nichtjüdische Menschen in diesem Land herbeisehnen. Von daher möge auch für sie der Honig ein Fingerzeig sein für ein besseres und süßes Jahr.
Und heute am 9. Tischri, wie wir unseren heutigen Monat nennen, ist es der Vorabend von Jim Kippur, dem höchsten Feiertag im Judentum. Gestern am Schabbat Schuwah, der Schabbat vor Jom Kippur, der Schabbat der Reue und der Umkehr, haben wir noch ein letzten Mal daran gedacht, dass die Sünden, die wir vor G´tt begangen haben, nunmehr im Buch des Lebens eingeschrieben sind und an Jom Kippur besiegelt werden. Von daher ist der Schabbat Schuwah und der Besuch des Schabbats in der Synagoge wichtig. Gestern noch war das Tor der Reue und der Umkehr sperrangelweit offen. Aber dennoch haben wir Juden von G´tt immer noch ein kleines Türchen übriggelassen bekommen bis Hoschana Rabba, dem letzten Tag der Hohen Feiertage, die mit dem Ende von Sukkot an Schmini Azeret, dem Beschlußfest, enden.
Für eine echte, chronologische Halbzeit ist es eigentlich noch ein bisschen zu früh, aber wenn wir morgen Abend Jom Kippur in der Synagoge mit dem letzten Schofarton, dem Klang des Widderhorns, eine Erinnerung an die Bindung des Itzhak (als Awraham bereit war, seinen einzigen Sohn, den Jitzhak, G´tt zu opfern, und als G´tt sah, wie ernst es Abraham war, er wollte ihn auf die Probe stellen, zeigte er ihm den Widder, der dann anstatt seines Sohnes geopfert wurde und das alle Zeit zeigen sollte, dass G´tt keine Menschenopfer will) diesen Tag beendet haben, dann liegt Sukkot vor uns und die Halbzeit.
Rosch haSchana wie Jom Kippur sind besondere Tage. Nicht nur essen wir am Abend von Rosch ha-Schanah Apfel mit Honig, um uns ein süßes Jahr zu wünschen, und wir essen eigentlich die ganzen Tage bis hin nach Sukkot Honig zum Brot, sondern wir sind dieses Jahr am 2. Tag Rosch ha-Schanah nach dem G´ttesdienst, zu dem wir den Schofar geblasen haben, weil dies wegen des Arbeitsverbotes am ersten Tag Rosch ha-Schanah nicht möglich war, weil ein Schabbat, dann an das Ufer der Regnitz gegangen, um unsere Sünden symbolisch in tiefe Wasser zu werfen, damit die sie Fische aufnehmen und weit weg tragen. Diesen Brauch nennt man Taschlich. In dieser Zeit ist das Wasser wichtig. Nicht nur beim Taschlich, sondern wir Juden gingen vor Jom Kippur noch in die Mikwe, in das rituelle Tauchbad, um mit einem gereinigten Gewissen vor sich selbst, vor anderen und besonders vor G´tt das neue Jahr zu feiern.
Am Freitag, den 29. September, beginnt dann mit Erew Sukkot die 8-tägige Zeit unseres Laubhüttenfestes, eine Erinnerung an die Zeit des Auszugs aus Ägypten, als die Israeliten in Laubhütten wohnten. Zwar haben die Wetterprognosen schon gezeigt, dass es dann durchaus schon kühl und regnerisch sein kann und das Regenwasser durch den Srach, das halbdurchlässige Dach der Laubhütte, uns in die Suppe fallen könnte. Hierfür haben wir immer die Möglichkeit, dann in den Gemeindesaal zurückzugehen. Obwohl es schon sein sollte, dass man den größten Teil des Tages in dieser provisorischen Laubhütte verbringen sollte, dort ruhen und ja, vielleicht sogar schlafen können sollte. In Israel ist dies zu diesem Zeitpunkt kein Problem, in unserem gemäßigten Breiten, in denen es um diese Zeit schon empfindlich kalt in der Nacht sein kann und es öfters regnet, ist das Übernachten in der Laubhütte nur etwas für Wettererprobte möglich.
Nunmehr liegt es an mir, Ihnen, Gemeindemitglieder, Angehörige, Freunde der IKG Bamberg und nicht zuletzt der Bamberger Bevölkerung herzlich Schanah Towa zu wünschen.
Ihr,
Martin Arieh Rudolph
(1. Vorsitzender der IKG Bamberg K.d.ö.R.)