Von Rabbiner Dr. Salomon Almekias-Siegl
Der Monat Elul ist der letzte Monat im Zyklus des jüdischen Kalenders. Er wird als ein Monat der Vorbereitung für das neue Jahr bezeichnet.
Es ist ein Monat der Besinnung, T’Schuva (Umkehr) und der Bitte um Erbarmen des Schöpfers. Halachisch gibt es in diesem Monat verschiedene Sitten sowie Änderungen im Gebet. Historisch betrachtet sind die vierzig Tage zwischen Anfang Elul und Jom Kippur am 10. Tischrei zu Ende. Es sind die Tage, an denen Mose auf den Berg Sinai stieg und dort vierzig Tage verweilte, um die zwei Bundestafeln zu empfangen. Mose zerbrach das erste Tafelpaar, als er das Goldene Kalb sah. Danach hat er vor G-tt Fürbitte getan, damit Er dem Volk Israel verzeihe. Diese Vergebung erhielt das Volk Israel am 1. Elul. Moses stieg für weitere vierzig Tage erneut auf den Berg Sinai. Er kam dann mit einem neuen Paar Bundestafeln zurück. Wegen dieses Ereignisses zwischen dem Zerbruch der ersten beiden Tafeln und dem Empfang der neuen Tafeln wird diese Zeit als die „Tage des Wohlwollens“ bezeichnet.
Außerdem, nachdem Rosch HaSchana – das jüdische Neue Jahr – der Tag des Gerichtes ist, werden diese Tage besonders als Tage der Besinnung und Tikkun betrachtet – der Bewertung unserer Taten. In diesem Monat gilt die Aufforderung an jeden, eine geistliche Bilanz des Jahres zu ziehen und die eignen Ziele, Erfolge und Niederlagen zu prüfen. Es ist eine Zeit, in der wir in das Innere unserer Seele schauen und uns Gedanken machen, wo wir uns korrigieren und verbessern wollen. Wir tun dies in der Hoffnung, dass das kommende Jahr besser wird.
Im Chassidismus ist das Beispiel bekannt, dass G-tt Seinen Palast verlässt und in den Feldern spazieren geht, damit jeder Mensch Ihn erreichen kann und von Ihm Seinen Willen gezeigt bekommen kann. Im Monat Elul ist der Kontakt mit dem Herrg-tt leicht und direkt. G-tt empfängt jeden mit Freude. Der Prophet Jesaja (55,6) schreibt. „Sucht den Herrn, wenn er sich finden lässt, ruft ihn an, wenn er nahe ist.“
Welche Bräuche kennt der Monat Elul?
Die Bräuche zielen darauf ab, uns zu G-ott zurückkehren zu lassen und T’Schuva zu erlangen. Die Sephardischen Gemeinden sagen die Slichot (Gnadengebete) ab dem zweiten Tag des Elul bis Ende des Monats auf. Die Aschkenasischen Gemeinden sagen Slichot eine Woche lang vor Rosch HaSchana auf. In Aschkenasischen Gemeinden wird das Schofar täglich außer am Schabbat nach dem Schacharit-Gottesdienst (dem Morgengebet) bis zum 28. Elul geblasen. Dies dient der Unterscheidung zwischen dem freiwilligen Schofar-Blasen und dem gebotenen Schofar-Blasen. Die Chabad-Lubawitsch-Bewegung ergänzt auch bestimmte Psalmen dazu. Es ist der Brauch, Slichot aufzusagen – die Gnadengebete. Die Slichot sind eine Auswahl von Dichtungen und Versen aus den Psalmen der Bibel und rabbinischen Verfassern. Sie beinhalten Reue für verschiedene alltägliche Sünden und G-ttes Verzeihung. Dazu gehören die dreizehn Eigenschaften G-ottes, die Moses auf dem Berg Sinai proklamiert hat, als er für das Volk Israel Fürbitte tat und um Verzeihung bat (siehe Exodus/Sh‘mot 34, 6-7). Es gibt ein Vidui (Reue) über Sünden, die wir gemacht haben, in der Hoffnung, sie nicht zu wiederholen. Die Slichot werden auch an den zehn Tagen zwischen Rosch HaSchana und Jom Kippur gebetet. Die Zeit, um die Slichot aufzusagen, ist normalerweise ab 00.30 Uhr bis in die Morgendämmerung um ca. 5 Uhr früh. Man nimmt an, dass man in diesem Zeitraum innere Ruhe hat und sich gut konzentrieren kann. Wer das nicht kann, kann die Slichot aber genauso auch im Laufe des Tages sagen. Oft man wünscht sich dabei schon mal ein gutes neues Jahr und eine gute Eintragung in das Buch des Lebens – Schana tova v’chatima tova.
Dr. Salomon Almekias-Siegl, IKG Bamberg