Gedenkstunde an den 27. Januar 1945

Die Israelitische Kultusgemeinde Bamberg beging am 26. Januar 2025 in einer Gedenkstunde den Internationalen Holocaust-Gedenktag und gedachte dabei der Befreiung des nationalsozialistischen Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee vor achtzig Jahren, wie auch der Opfer der Schoa insgesamt.

Die Gedenkstunde wurde durch die “Mazldik”-Band von Musikstücken begleitet, die aus der Zeit der Schoa stammen und daran erinnern. Die Lieder der Bamberger Musiker Vera N. Olmer, Dimitry Braudo und Josef Kuffer basieren dabei auf den Liedtexten der Liedersammlung “Lider fars lebn” der Esther Bejarano-Gruppe. Esther Bejarano (1924-2021) war eine bekannte Überlebende des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau; dort musizierte sie im Mädchenorchester. Die “Mazldik”-Band trug eigene Interpretationen des jiddischen Stückes “Sog nit kejnmal” (Sage niemals) des Wilnaer Partinasanenkämpfers Hirsch Glik (1920-1943), des Widerstandsliedes “Mir lebn ejbig” (Wir leben trotzdem) aus dem Ghetto von Wilna, des Liedes “Nje buditsche”, das für die Sinti und Roma in Auschwitz-Birkenau entstanden war, sowie des hebräischen Liedes “Schir la Schalom” (Lied für den Frieden) von Y. Rotblit und Y. Rosenblum, vor. Die ausgewählten Lieder sind somit ein Ausdruck des Kampfes ums Überleben und der Sehnsucht nach Freiheit und Frieden von in der Schoa verfolgten Menschen.

Mazldik-Band IKG 26.01.2025
Die Mazldik-Band in der IKG Bamberg

Der 1. Vorsitzende der Kultusgemeinde, Martin Arieh Rudolph, rief in seiner Gedenkrede in Erinnerung, für welche Verbrechen der Name Auschwitz steht:

Als 1. Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Bamberg darf ich Sie alle im Namen des Vorstandes herzlich begrüßen. Wir haben jedes Jahr mehrere Tage, an denen wir gedenken. Überlebende feiern jedes Jahr erneut ihren Gebursttag, wenn sie einer Hölle entkommen sind, gerade einer Hölle wie Auschwitz. Morgen vor 80 Jahren, am 27. Januar 1945, wurde Auschwitz von der Roten Armee befreit. Auschwitz steht für das Zentrum eines unvorstellbaren Massenmordes an mindestens 1,5 Millionen Menschen aus ganz Europa. Auschwitz steht, wie die anderen Konzentrationslager, für den Versuch der Nationalsozialisten, das europäische Judentum restlos zu zerstören: sechs Millionen Juden fielen den Nazis zum Opfer, sowie Sinti und Roma, Homosexuelle, geistig und körperlich Behinderte, Widerstandskämpfer, politische Gefangene, sogenannte Asoziale und Andersdenkende. Auschwitz steht für unvorstellbare grausame Menschenversuche, so z.B. bei der sogenannten Zwillingsforschung des Dr. Mengele und seiner sogenannten Kollegen, die genauso viel Schuld auf sich luden, denn ihnen waren die Menschen völlig gleichgültig. Auschwitz steht für den Einsatz des Giftes Zyklon B, mit dem Hunderttausende in Gaskammern ermordert wurden. Auschwitz steht für das Zu-Tode-Schuften in einem der vielen Außenlager des KZ Auschwitz. Heute, nach achtzig Jahren, zu einem Zeitpunkt, an dem uns nur kaum noch Überlebende der Schoa als Zeitzeugen zur Verfügung stehen, ist es an uns jüdischer Minderheit wie nichtjüdischer Mehrheitsgesellschaft, die Erinnerung lebendig zu halten. Aber nicht nur das: Hinsehen und aufstehen gegen das Unrecht ist gelebte Charakterstärke. “Stehe nicht müßig beim Blute Deines Nächstes” (Wajikra/3. Mose 19,16), so ermahnt uns schon die ewig aktuelle Torah. Mögen wir daher die Kraft und die Einsicht haben, jegliche Formen von Vorurteil und Feindschaft gegenüber den Schwächeren in unserer Gesellschaft rechtzeitig zu erkennen und wirksam zu bekämpfen. Dafür steht die Erinnerung an den 27. Januar 1945! Ich danke Ihnen.

Es folgt die russische Übersetzung der Ansprache des 1. Vorsitzenden; die Rede wurde von der Kulturreferentin Lisa Gorkurova aus dem Gemeindevorstand für die russischsprachigen Gemeindemitglieder auf Russisch vorgetragen:

Nach der Ansprache folgte das gemeinsame Gebet für die Opfer der Schoa und der Konzentrationslager, mit dem Gebet für die Toten “El Male Rachamim” sowie mit dem Kaddisch. Das Gedenken wurde mit einem Empfang im Gemeindesaal und einer Ausstellung von Materialen zur Schoa aus der Gemeindebibliothek umrahmt.

IKG Bamberg