Parascha Schoftim

Wald der deutschen Länder nahe Lehawim, Israel, ©2017 Achim Chajim Hecht

Von Rabbiner Dr. S. Almekias-Siegl

Mensch und Baum

5. BM Dewarim 16:18 – 21:9

Denn der Mensch ist (wie) der Baum des Feldes

Dew 20. 19

so lesen wir in diesem Wochenabschnitt. Raw Duschinsky s.A., früherer “Aw Bet Din” von Kapstadt, deutet diesen Passuk folgendermassen: Jeder Baum ist mit sein Wurzeln im Boden verankert und trägt eine Laubkrone, die dem Licht entgegenwächst. Ohne Licht verdorrt der Baum trotz seiner Wurzeln. Und fehlt eine starke Wurzel, so wirft der Sturm ihn trotz prächtigem Blätterwerk um. Ähnlich verhält es sich mit dem jüdischen Menschen. Die Wurzel, das ist die Tradition, die Tora, welche uns mit den früheren Generationen bis hin zu Am Jisrael am Berg Sinai verbindet! Die Blätter, sie stehen für Licht, für Fortschritt, für Aufgeschlossenheit dem Neuen gegenüber.

Ohne Wurzel, ohne Verankerung in der Tora unserer Väter und Urväter, sind wir den Stürmen der Assimilation, der völligen Anpassung an unsere nichtjüdische Umgebung ausgesetzt. Doch ohne Licht, ohne Aufgeschlossenheit, verdorren wir, erstarren wird, sind wir nicht mehr zu geistigen und sonstigen kreativen Handlungen fähig, können wir nicht mehr auf die Herausforderung der heutigen Zeit reagieren. Wie der Baum, so muss der Jude in seiner Vergangenheit und deren ewig gültigen Werten verwurzelt sein, doch ohne ängstliches Sichabschliessen und mit offenem Blick in die Zukunft.

Ausser festen Wurzeln und Licht bedarf der Baum zum gesunden Wachstum eines dritten Elements – des lebens notwendigen Wassers. “En Majim ela Tora” – mit Wasser ist im Schrifttum unserer Weisen die Tora gemeint (Bawa Kama 17a). Nur ein Kind, das im Geist der Tora aufwächst und der tagtäglichen Begegnung mit ihr in Wort und Tat ausgesetzt ist, hat die Möglichkeit, sein ganzes jüdisches Potenzial voll zu entwickeln, zu einem “stolzen Baum” heranzuwachsen, der wiederum Früchte tragen wird.

Gleichzeitig ist der Baum Symbol für die nationale Erlösung des jüdischen Volkes. Zu den Worten der Tora. “G-tt eurem G-tt sollt ihr nachfolgen” (Dew. 13, 5) bemerkt der Midrasch:

Zu Beginn Seiner Schöpfung beschäftigte sich G-tt ausschliesslich mit dem Pflanzen, so wie es heisst – und G-tt pflanzte einen Garten in Eden. So sollt auch ihr euch beim Einzug in das Land Israel mit Baumpflanzen befassen. Daher heisst es (Waj. 19, 23): Wenn ihr in das Land kommt und Fruchtbäume pflanzt” (Wajikra Rabba 25, 3).

Der Baum symbolisiert die Verbundenheit von Am Jisrael mit Erez Jisrael.

Eine bemerkenswerte Stelle zu diesem Thema finden wir im Talmudtraktat Sanhedrin 98a. Dort zitiert Rabbi Aba einen Passuk des Propheten Jecheskel, der für Rabbi Aba den deutlichsten Hinweis auf das Herannahen der endgültigen Erlösung darstellt:

Und ihr Berge Israels werdet eure Zweige treiben und eure Frucht tragen Meinem Volk Israel, denn sie kommen bald

Jech. 36, 27-28

Zu dieser Stelle bemerkt Raschi:

Wenn Erez Jisrael seine Früchte in grosszügiger Art und Weise gibt, dann naht das Ende heran und du hast kein klareres Zeichen als dieses

Wir haben das Glück, in einer Zeit zu leben, wo die Worte des Propheten Jecheskel Wirklichkeit geworden sind. Das Blühen der Bäume in Erez Jisrael gibt uns neue Hoffnung, dass auch die weiteren Prophezeiungen und Versprechen der Tora mit G-ttes Hilfe so rasch wie möglich eintreffen mögen!

Schabbat Schalom!

https://www.talmud.de/tlmd/die-torah-eine-deutsche-uebersetzung/die-torah-Schoftim/